die weisse zone, die ist ausgeschnitten
interview mit wilhelm schäkel
- landwirt
als landwirt grenzen ja ihre felder
an die weisse zone. gibt es da interessante erfahrungen, die sie
mit der zone gemacht haben?
ja, eigentlich in letzter zeit eher
sachen, die so mit dem tourismus zusammenhängen. es kommen immer
mehr leute. durch den wanderweg um die zone kommen da jede stunde
wanderer vorbei. es ist gut, dass wir die weisse zone hier haben,
weil das die leute richtig neugierig macht.
sie haben ja ferienwohnungen. bedeutet
das, dass viele zonewanderer jetzt bei ihnen übernachten?
seit wir die weisse zone haben, ist
der ganze tourismusbereich ja enorm gestiegen. wir haben 11,8%
wachstum gehabt im letzten jahr und jetzt kommt ja noch der neue
radweg um die zone hinzu. das ist ja irgendwie auch logisch, ne.
wenn man da jetzt ein schwarzes loch hätte, was alles in sich
reinsaugt und vernichtet, ist es natürlich interessanter, eine
weisse zone zu haben, die die leute neugierig macht und hier in
die region führt.
und sie erleben das nicht als störend,
dass sie ihre äcker und weiden nicht auf das gebiet der weissen
zone ausdehnen können, dass da so ein gebiet ist, das einfach
aus der landkarte herausgeschnitten wurde?
also, ein bisschen komisch ist das
schon, ne. man macht sich halt so seine gedanken. was ist da?
was passiert da? könnten da nicht doch vielleicht ein paar rinder
weiden? oder was ist mit dem wald, was passiert eigentlich damit?
erzählen ihnen die zonewanderer
manchmal dinge, die sie erlebt haben, anekdoten, die sie wiedergeben
könnten?
es wird immer wieder über pilze berichtet,
dass es dort sehr viele pilze gibt. aber mir ist das noch nicht
ganz klar, ne. das ist doch die weisse zone, die ist ausgeschnitten.
wie kann man von was berichten, das ausgeschnitten ist? im dorf
werden hauptsächlich geschichten von früher erzählt. es gibt ja
da diesen russenschaden im wald. die russen sägen die bäume ja
nicht unten ab, wie die deutschen, sondern einen meter höher,
denn das ist nicht so anstrengend. so kann man noch genau sehen,
welcher baum mal von einem russen abgesägt wurde. viele inschriften
sind ja auch noch in die bäume geritzt und dann sind da auch noch
die mulden, wo sie dann so durchgerobbt sind. naja, das ist jetzt
alles zur weissen zone geworden und hat viele leute neugierig
gemacht. es gibt aber auch leute, die das sehr merkwürdig finden,
dass wir jetzt diese zone hier haben.
und was ist deren problem?
ja, wahrscheinlich diese ungewissheit.
es ist natürlich klar, dass wir viel zu wenige weisse zonen auf
der welt haben, dass wir natürlich dringend mehr weisse zonen
brauchen. aber die sagen, warum muss das ausgerechnet bei uns
sein. und dann kommen ständig diese fremden hierher, die um die
zone herum wandern. können die nicht woanders wandern?
kann es sein, dass die weisse zone
auch verbrecher anzieht, die sich der gerichtsbarkeit entziehen
wollen und in der weissen zone verschwinden, weil sie dort niemand
erwischt? ist es möglich, dass da ein potential merkwürdiger gestalten
in der zone lebt und ab und zu mal herauskommt, um leute zu überfallen
und zu beklauen?
nein, nein. es ist seit einigen jahren
da doch etwas ruhiger geworden.
und wie ist das mit ihnen? gehen
sie ab und zu in die weisse zone?
nein. ich finde es ja auch interessant,
aber irgendwie denke ich - ja - weisse zone, das ist ja eigentlich
etwas, das gar nicht da ist und gar nicht da sein kann. was soll
man da machen? ich dachte immer, da wäre nichts.
was heißt nichts?
ja, nichts. erst dachte ich, weisse
zone, was ist das? aber im grunde kann doch da nichts sein, sonst
wäre es nicht ausgeschnitten. oder ist da was?
also, wenn sie jetzt an diese weissen
schilder herangehen, da ist doch auch noch etwas dahinter.
ja, wenn man da so langfährt, dann
sieht das ganz normal aus. da ist so wald und läuft manchmal wild
vorbei - und so weit sieht alles ganz normal aus. also weiss sind
da erst mal nur die schilder.
das lässt doch wohl die vermutung
zu, dass es dahinter auch so weitergeht, oder?
ich weiss es nicht, da muss es irgendwie
weiss sein. vielleicht weisser sand, irgendwas in der richtung.
ja, so was, wie wüste.
ist es dann aber nicht spannend,
das zu überprüfen? macht ihnen das überhaupt nichts aus, dass
ihre rinder sozusagen direkt neben dem nichts stehen? wenn jetzt
bei ihnen ein rind ausbricht und im nichts verschwindet?
na ja, wir passen jetzt schon besser
auf, dass die zäune in ordnung sind. einmal sind die rinder ausgebrochen,
aber sie kamen schnell zurück. wahrscheinlich ist es da zu trocken.
und sie haben auch keine probleme
damit, abgeschnitten zu sein? man kommt ja durch die zone nicht
hindurch, sondern muss immer außen herum fahren.
die einzige ausnahme ist die privatstraße
des bundes nach schweinrich. es soll ja noch eine bundesstraße
drum herum gebaut werden, gerade an so adlerhorsten vorbei. also,
ich halte da gar nichts davon.
das interview führte piotr szrek