Geschichten und Reaktionen





pilze wachsen nicht auf den wegen
ein interview mit achim gelhaar - kletterkünstler

die ureingesessenen, die hier drumherum wohnen, setzen sich eigentlich alle über die weissen schilder hinweg und gehen rein, weil es da eben diese spezialitäten gibt, die einen eben auch über den winter bringen. diese pilze gibt es in unmengen, von pfifferlingen und maronen bis zu steinpilzen. die sind in so reichhaltiger form vorhanden, dass man die eben trocknen und kann - und leuten mitgeben kann. das sind riesenpfannen, die man eben so an einem nachmittag zusammensammelt und meist dann eben auch zum trocknen und einkochen verwendet.

was machen sie dann mit den sicherheitskräften der weissen zone?
naja, die pilze wachsen ja nicht auf den wegen, die wachsen ja im unterholz und in der heide, also in kuhlen, kratern und irgendwelchen höhlen. da ist man an und für sich geschützt und kann ganz in ruhe sammeln.

ist es denn nicht gefährlich, sich dort zu bewegen?
es gibt in gewissen bereichen entwarnung, richtig gefährlich ist die kernzone. kurz hinter den weissen schildern, da wachsen die grossen pilze, die wachsen sicherlich auch weiter in gefährlicheren bereichen, aber die würde man natürlich nicht betreten. das wissen eben auch die eingeborenen, wo man hingehen kann und wo nicht. das teilt ihnen übrigens jeder gerne mit, weil davon so viel da ist, dass eben keiner hier geheimplätze hat, sondern jeder sagt, wo du hingehen kannst und wo es gefahrlos ist. da gehen wir eben auch schon seit jahrzehnten hin und da sammeln wir eben.

also, eine besondere spezialität sind pilze aus der weissen zone und obwohl sie jetzt praktisch nicht mehr zugänglich ist, gibt es noch randgebiete, wo die leute also noch wissen, was da drin ist, weil sie eben zum pilzesammeln dorthin gehen?
genau. und man begegnet da eben auch ganz normalen spaziergängern, die sich da drüber hinwegsetzen und sagen, da ist es für unsere haustiere am schönsten, die gehen dann zwar an der leine mit ihrem hund, aber trotzdem gehen die da rein. und wenn dann eben ein motorengeräusch oder eine streife gesichtet worden ist, dann wird man schon gewarnt - von anderen leuren, die da auch so spazieren, von ganz normalen bürgern: "geht mal nicht weiter in die richtung oder bis 4 uhr seid ihr besser wieder draussen".

und was passiert, wenn man erwischt wird?
ja, man....es ist mir noch nicht passiert, weil ich ja jetzt sporadisch nur ganz kurz am rand da drin bin.

ach so.
von dem, was man jetzt hört, wird man da darauf hingewiesen, dass man dort nicht hinein soll, dass es auch gefährlich ist - das stimmt ja auch, und dass eben auch, wenn man sich jetzt einsichtig zeigt und plausibel glaubhaft macht, dass man es - ja - nicht gewusst hat, dann wird man nur hinausbegleitet. ansonsten ist es eine ordnungswidrigkeit, die kostet - glaube ich - 20 oder 40 euro und - ja, wenn man da widerstand leistet, ist es natürlich klar, dass man dann festgenommen wird.

und sie sind gebürtiger zonenrandbewohner?
ich komme aus der ganz grossen enklave, aus westberlin. und da ist die mauer gefallen und dann konnten wir auf einmal raus in die ddr und - ja, und da bin ich hier gelandet.

also von einer zone zur nächsten zone?
ja ja, naja, ich meine, es gibt ja nicht so viele befreite gebiete. man rutscht ja immer in die nähe von irgendwelchen problemen.

ach so, sie haben jetzt nicht ganz bewusst aus sehnsucht nach einer grenze die nächste zonengrenze gewählt?
keinesfalls. das ist zwar ein aspekt hier gewesen, aber es ist eben auch die immobilie hier dagewesen, wo man sagt, wenn hier also eine zone eingerichtet wird, dann kämpfen wir eben dafür, dass sie befreit wird.

das interview führte piotr szrek



Veranstalter:
Kunst und Kultur für eine freie Heide e.V.


ein Kunstprojekt von:
Michael Kurzwelly


Das Projekt wurde gefördert durch:

Fonds Soziokultur

Landkreis Ostprignitz-Ruppin

 


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